Nährwertangaben – Schummelei bei Portionsgrößen

Achten Sie beim Einkaufen auf die Nährwertangaben? Wenn ja, dann sind Ihnen sicher schon einmal die Angaben pro Portion aufgefallen, die meist vorne auf die Produktverpackung gedruckt werden. Sind die Angaben für Kalorien, Fett und Zucker dort einigermaßen okay, greifen wir gerne zu, auch wenn es sich um eigentlich ungesunde Lebensmittel handelt. Die Schummelei der Hersteller: Je höher zum Beispiel der Kaloriengehalt im Produkt, desto kleiner fällt die angegebene Portionsgröße aus. Davon lassen Verbraucher sich gerne täuschen und kaufen verstärkt Produkte, auf denen kleinere Portionsgrößen ausgewiesen werden, wie Forscher der Uni Göttingen herausfanden.

Je kleiner die Portion, desto höher der Absatz

Anders als bei den gesetzlich vorgeschriebenen Nährwertangaben auf der Rückseite der Lebensmittelverpackung können Hersteller die freiwilligen Angaben auf der Vorderseite nach eigenem Ermessen ausgestalten. Gerne wird dann eine kleine Portion als Basis gewählt – umso geringer fallen dann zum Beispiel der Fett- und Kaloriengehalt aus.

Für ihre Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift Journal of the Association for Consumer Research veröffentlicht wurde, werteten die Göttinger Wissenschaftler die Daten von mehr als 1.500 britischen Supermärkten über einen Zeitraum von zwei Jahren aus. Während dieser Zeit führte der Händler eine freiwillige Nährwertangabe auf der Vorderseite der Produkte ein. Das Ergebnis: Je kleiner die Portionsgröße als Basis für Nährwertangaben waren, desto stärker stieg der Absatz dieser Produkte nach Einführung der Kennzeichnung.

Viele Konsumenten bewerten ein Produkt offenbar ausschließlich nach der angegebenen Kalorienzahl oder anderen Nährwerten und ignorieren dabei die Vergleichsbasis pro Portion, erläutert der Leiter der Studie, Dr. Ossama Elshiewy.

Kritik an variablen Portionsgrößen

Die Konsumentenforscher kritisieren die variablen Angaben der Portionsgröße. Ihrer Auffassung nach dienen die Nährwertangaben auf der Vorderseite von Lebensmitteln mehr der Vermarktung als der Information. Das Ergebnis der Studie ist vor allem deswegen bedenklich, weil die kleineren Portionen häufig bei eher ungesünderen Produkten vorkommen, beispielsweise bei Frühstückscerealien oder bei Fertiggerichten.

Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass kleinere Portionsangaben die Verbraucher, die Nährwertinformationen als Richtlinie nutzen, in die Irre führen können und somit für diese Gruppe eine Gefahr in Bezug auf ihre Ernährungsgewohnheiten darstellen. (…) Insbesondere Kennzeichen auf freiwilliger Basis können zur bewussten Manipulation der wahrgenommenen Kalorienmenge eingesetzt werden und sollten daher nicht mit verpflichtenden Nährwertangaben verwechselt werden. (Dr. Elshiewy)

Die freiwilligen Angaben zu Nährwerten pro Portion können zur bewussten Manipulation der wahrgenommenen Kalorienmenge eingesetzt werden. Daher sollten diese auf keinen Fall mit den verpflichtenden Nährwertangaben verwechselt werden.

 

Quelle: idw-online.de/de/news645676

Originalveröffentlichung: Ossama Elshiewy, Steffen Jahn, Yasemin Boztug (2016). Seduced by the Label: How the Recommended Serving Size on Nutrition Labels Affects Food Sales. Journal of the Association for Consumer Research, 1(1), 104-114.

Melanie Kirk-Mechtel
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