Ackerbohne und Quinoa fürs Rheinische Revier

Schild Infopfad Food Strip

Heute Vormittag wurde bei Jüchen der Infopfad durch das Innovationsareal auf rekultivierten Ackerflächen des Tagebaus Garzweiler eröffnet. Dort soll Besucher*innen die Vielfalt der Landwirtschaft im Rheinischen Revier erlebbar gemacht werden. Das hätte ich mir beim heutigen Pressetermin gerne angeschaut. Da ich dann aber am Schreibtisch bleiben musste, möchte ich zumindest kurz die Pressemitteilung zum Projekt aufnehmen, die vorhin in mein Postfach getrudelt ist. Ich hoffe, ich finde die Zeit, regelmäßig zu berichten. Denn das Rheinische Revier steht vor dem Hintergrund von Klimawandel und Energiewende im Strukturwandel vor großen Herausforderungen. Das wird bestimmt noch spannend werden. Denn massive Kritik wurde auch schon laut. Dazu unten und in nächster Zeit mehr.

Eine ‚Agro­busi­ness-Region Rhei­ni­sches Revier‘ hat das Poten­zial, die vor­han­denen Kom­pe­tenzen der Energie- und Land­wirt­schaft mit den guten räum­li­chen Voraus­set­zungen der Zukunft­s­agentur Rhei­ni­sches Revier zu ver­knüpfen und diese für eine nach­hal­tige regio­nale Wert­schöp­fung zu nutzen.

Das sagt Thomas Muchow von der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft auf der Website der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (www.rheinisches-revier.de). Diese soll Leitbilder, Innovationsstrategien und Handlungskonzepte entwickeln und den Strukturwandel der Region durch Initiierung und Durchführung von Projekten unterstützen.

Was ist denn eigentlich das Rheinische Revier?

Zum „Rheinischen Revier“ gehören die Kreise Düren, Euskirchen, Heinsberg, der Rhein-Erft-Kreis und der Rhein-Kreis Neuss, die Städteregion Aachen und die Stadt Mönchengladbach. Die Region ist durch die Gewinnung, Verstromung und Veredlung von Braunkohle geprägt. Durch vorausschauenden Strukturwandel sollen neue Ideen, Chancen und Wertschöpfungen entstehen, um das jetzige Kohlegebiet nach dem Braunkohleausstieg zukunftsfähig zu machen.

Ressourcen und Agrobusiness als Zukunftsfeld

Eins der Zukunftsfelder beim Strukturwandel des Rheinischen Reviers sind Ressourcen und Agrobusiness. Hier sollen in Zukunft auf Kreislaufwirtschaft basierende Formen des Wirtschaftens geschaffen werden. Ein Fokus liegt dabei auf der Landwirtschaft und der Erzeugung von Lebensmitteln. Das Rheinische Revier soll sich als „Food Valley“ profilieren. Noch entdeckt man unter den als förderwürdig aufgelisteten Projekten kaum eines in diesem Bereich. Eins davon ist aber das Projekt „Setup Food Strip“ mit seinem Infopfad.

Setup Food Strip – neue Wertschöpfung für das Revier

„Setup Food Strip“ ist ein Kooperationsprojekt der RWTH Aachen, der FH Südwestfalen und
dem Ernährungsrat für Köln und Umgebung. Das Projekt will neue Wertschöpfungsketten der
regionalen Land-­ und Ernährungswirtschaft im Rheinischen Revier auf den Weg bringen. Ein
wichtiger Baustein des Projektes ist der Aufbau eines Innovationsareals auf rekultivierten Ackerflächen des Tagebaus Garzweiler. Die unterschiedlichen Rekultivierungsmaßnahmen, Anbaukulturen und die beteiligten Landwirte sollen entlang des heute eröffneten Infopfads auf Schildern vorgestellt werden, um die potenzielle Vielfalt der Landwirtschaft im Rheinischen Revier zu zeigen. Den Anfang machten die im Mai ausgesäten Kulturen Quinoa und Rheinische Ackerbohne. Daneben werden u. a. auch verschiedene Kohlarten, Möhren, Kürbisse sowie Getreide und Luzerne angebaut. In den kommenden Jahren soll das Areal schrittweise weiter wachsen. Wer beim Projekt mitmachen möchte, kann zum Beispiel zur Ideenbörse im Oktober kommen. Termin und Anmeldemöglichkeit gibt es in Kürze auf der Projektwebseite www.foodstrip.eu.

Rheinische Ackerbohne

Fa. Kremer AckerbohneDie Rheinische Ackerbohne kenne ich seit ein paar Jahren durch den Rheinische Ackerbohne e. V. Der Verein will die Hülsenfrucht als heimischen Eiweißträger bekannt machen, den Anbau und die Vermarktung fördern. Am erfolgreichsten gelingt dies seit dem Jahr 2017 in Zusammenarbeit mit Bäckereien aus dem Rheinland, die eiweißreiches Brot aus Ackerbohnenmehl anbieten. Und natürlich ist die Ackerbohne auch eine nachhaltige Alternative zu Tierfutter auf Soja-Basis. Mehr Informationen zum Verein gibt es unter www.rheinische-ackerbohne.de.

Auf dem Projekt-Areal bei Jüchen bauen Maria und Karl-Adolf Kremer die gentechnikfreie Eiweißpflanze an. Die Familie hat sich auf den Anbau der alten Kultur spezialisiert und ist begeistert: Zu den Vorteilen der Rheinischen Ackerbohne „gehören eine hohe Biodiversität, kurze Transportwege, geringe CO2-Ausstöße, eine erlebbare Qualität und hohe
Transparenz.“, so Karl-Adolf Kremer bei der heutigen Presseveranstaltung.

Kinoa – Superfood aus Köln

Quinoa, das angesagte Superfood aus Südamerika, wird noch Verena und Johannes Deckerrelativ selten in Deutschland angebaut. Dabei gibt es schon seit einigen Jahren Ambitionen in diese Richtung. Über Anbauversuche der Uni Hohenheim habe ich schon 2015 hier im Blog berichtet: Superfood Quinoa wächst auch in Deutschland. Zum Potenzial des heimischen Quinoa-Anbaus gibt es auch einen lesenswerten Beitrag im IVA-Magazin.

Jetzt aber zum Pseudogetreide aus dem Rheinland: Das kölsche „kinoa“ wird neben dem Feld im Innovationsareal auch auf dem Großen Kreuzhof in der Nähe von Köln angebaut, dem Bauernhof der Familie Decker. Mehr Infos gibt es auf www.kinoa-rheinland.de.

 

Mein erster Eindruck aus der Ferne: Ja, ganz schön, was dort jetzt begonnen wurde. Aber erstmal nur zarte Wurzeln für ein Projekt, das die regionale Wertschöpfung im Rheinischen Revier voranbringen will. Wer es wirklich ernst damit meint und eine funktionierende (Land-)Wirtschaft in der Region aufbauen möchte, muss sicherlich noch die eine oder andere Schippe drauflegen. Daher hoffe ich sehr, dass sich noch viele potenzielle Projektpartner mit großen und in jeglichem Sinne nachhaltigen Ideen bei den Projektverantwortlichen melden werden!

Für Fortgeschrittene: Kritik am Strukturprogramm

Es hat nicht direkt etwas mit dem heutigen Pressetermin und dem Projekt „Setup Food Strip“ zu tun. Aber oben habe ich ja ganz kurz umrissen, in welchem Rahmen das Innovationsareal im Braunkohlerevier „bespielt“ wird. Da komme ich nicht umhin, auch auf die Kritik am Wirtschafts- und Strukturprogramm der Zukunftsagentur Rheinisches Revier hinzuweisen:

Zusammen mit Vertretern der Allianz für nachhaltigen Struktwurwandel, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, der Regionalwert AG Rheinland, der Rheinischen Fachhochschule Köln, dem Schloss Türnich und Landwirten aus der Region hat der Kölner Ernährungsrat eine Pressekonferenz gehalten. Die Forderung: Eine Korrektur des Programms, das „Agrobusiness“ in den Vordergrund rückt und den Punkt der „Nachhaltigen Landwirtschaft und Ernährung“ vollständig ausschließt. Laut der Beteiligten werde durch Weglassen dieses Zukunftsfeldes eine große Chance für einen Wandel hin zu einem nachhaltigen und zukunftssicheren Wirtschaften für das Rheinische Revier vertan.

Die Stellungnahme zahlreicher Initiativen, die anlässlich des Tags der Artenvielfalt veröffentlicht und auf der Pressekonferenz vorgestellt wurde, findet ihr z. B. auf der Website der Regionalwert AG Rheinland als PDF zum Herunterladen.

 

Fotos: Ernährungsrat für Köln und Umgebung

Melanie Kirk-Mechtel
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